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Forschung in Sicht? Eröffnung des Charité Fatigue Centrums in Berlin

Am 20. März 2019 fiel der offizielle Startschuss für ein interdisziplinäres Fatigue-Zentrum an der Berliner Charité.

 

#MillionsMissing Deutschland war dabei!


Foto © Flyer CFC
Foto © Flyer CFC

Die Charité lud Presse, Ärzteschaft und Vertreter diverser ME/CFS-Organisationen zur Eröffnungsveranstaltung des Zentrums, das sich zur Aufgabe macht, die Ursachen von Fatigue zu erforschen, Studien durchzuführen sowie Informationen und Fortbildung für Ärzte anzubieten.

Nach einem allgemeinen Überblick über Fatigue-Erkrankungen stellten sich drei der neun beteiligten Fachbereiche vor: Neurologie, Hämatoonkologie sowie Immunologie berichteten über Fatigue als Kardinalsymptom der spezifischen Krankheitsbilder wie beispielsweise Multiple Sklerose, Fatigue nach Tumorerkrankungen und ME/CFS.

Dabei wurde deutlich, dass die Fatigue von allen Patientengruppen sehr ähnlich wahrgenommen wird: so beschrieb eine ehemalige Tumorpatientin diese mit einem Gefühl von Grippe und starker Erschöpfung, ganz ähnlich also wie bei ME/CFS.

 

Bei allen Gemeinsamkeiten wurden auch Unterschiede deutlich: So hilft Tumorpatienten offenbar körperliches Training, ihre Fatigue zu verbessern. Diesbezüglich wies Frau Prof. Scheibenbogen in ihrem Vortrag über ME/CFS allerdings deutlich darauf hin, dass körperliches Training bei Chronic Fatigue Syndrome-Patienten kontraindiziert ist.

 

Forschungsansätze wie: Magnetfeldstimulation zur Schlafoptimierung, Lichttherapie zur Verbesserung der Fatigue, die Untersuchung des Einflusses von Ernährung auf Fatigue, Rückgang inflammatorischer Prozesse durch Yoga wurden erläutert, ebenso wie die Behandlungsversuche von ME/CFS-Patienten mit Autoimmunbeteiligung durch Rituximab, IgG und Immunadsorption.

 

Die Zahl chronischer Fatigue-Patienten in Deutschland wurde im Vortrag auf 10 Millionen geschätzt – man kann also durchaus sagen, Fatigue ist ein sehr häufiges Symptom verschiedenster Erkrankungen. Insofern wird es für alle Fatigue-Patienten von großem Nutzen sein, wenn die forschenden Institute interdisziplinär zusammenarbeiten!

 

Neben den Beiträgen aus medizinischer Sicht kamen auch Patienten zu Wort:

Sabine Schreiber (Leben nach Krebs! e.V.) schilderte in ihrem Vortrag – den sie krankheitsbedingt in Vertretung verlesen ließ – sehr eindrücklich, wie die Fatigue nach einer überwundenen Krebserkrankung zu Arbeitsunfähigkeit führt, zu Frühberentung, zu Problemen in Familien und Partnerschaften, wie sie zu Verarmung und Kämpfen mit dem Versorgungs-und Rentensystem führt und letztlich: wie massiv sie ein Dasein einschränkt, in dem berufliche Ambitionen und Lebensträume keine Option mehr sind. 

 

#MillionsMissing Deutschland mit den Vorsitzenden der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS
Foto: v.l.n.r.: Thomas Mikelenburg | #MillionsMissing Deutschland, Sebastians Musch und Daniel Hattesohl | Deutsche Gesellschaft für ME/CFS

Sebastian Musch von der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS e.V. gab einen Überblick über ihre Arbeit, mahnte die fehlende »Health Equality« an, erwähnte kurz die jüngsten politischen Entwicklungen in Großbritannien und Dänemark zur Situation von ME/CFS, wo derzeit deutlich mehr passiert, als in Deutschland. Schließlich formulierte er die Ziele der DG, für die auch wir von #MillionsMissing Deutschland stehen:

  • Anerkennung von ME/CFS, 
  • Ausbau der biomedizinischen Forschung,
  • Anpassung der Leitlinien,
  • ambulante Versorgung, 
  • Aufklärung von Medizinern und Öffentlichkeit
  • sowie die Übernahme der aktuellen Konsenskriterien (CCC oder ICC) in der Diagnose.

Nach den Vorträgen kam #MillionsMissing Deutschland mit der Lost Voices Stiftung, der DG für ME/CFS und dem Fatigatio e.V. ins Gespräch. Die beiden Erstgenannten werden am 12. Mai am Brandenburger Tor in Berlin unsere #MillionsMissing-Aktion 2019 unterstützen, worüber wir uns sehr freuen! Informationen zur Aktion gibt es hier.

#MillionsMissing Deutschland mit Frau Prof. Carmen Scheibenbogen
Foto: Thomas Mikelenburg | #MillionsMissing Deutschland mit Prof. Carmen Scheibenbogen | Institut für Medizinische Immunologie der Charité Berlin

Frau Prof. Carmen Scheibenbogen konnten wir persönlich unseren Dank für ihr großartiges Engagement für uns ME/CFS-Erkrankte und unsere besten Wünsche für das CFC ausrichten.

 

Im Anschluss an die Gespräche wurde der preisgekrönte Film »Unrest« von Jennifer Brea gezeigt, der auf berührende Weise das Schicksal ME/CFS-Erkrankter dokumentiert.

(Der sehenswerte Film ist bei einigen Streaming-Diensten abrufbar, mittlerweile auch mit deutschen Untertiteln).

 

#MillionsMissing Deutschland begrüßt die Eröffnung des Charité Fatigue Centrums – wir setzen große Hoffnungen in die Arbeit aller Beteiligten und wünschen viel Erfolg sowie großzügig fließende Forschungsgelder!