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Erstes Parlamentarisches Fachgespräch über ME/CFS im Bundestag

Verbesserung der ME/CFS-Versorgung dringend notwendig

Gemeinsame Pressemitteilung

Martina Stamm-Fibich, Patientenbeauftragte der SPD-Bundestagsfraktion und Mitglied des Gesundheitsausschusses, lud am 5. März zum ersten Parlamentarischen Fachgespräch über ME/CFS in den Bundestag ein: „ME/CFS-Versorgung in Deutschland – Potenziale nutzen, Versorgung verbessern“. Myalgische Enzephalomyelitis (ME), auch Chronisches Fatigue Syndrom (CFS) genannt, ist eine schwere neuroimmunologische Erkrankung. Ziel des Fachgesprächs war, alle Entscheider an einen Tisch zu bringen, um gemeinsam die Versorgung der rund 250.000 ME/CFS-Kranken in Deutschland – darunter 40.000 Kinder und Jugendliche – zu verbessern. Die Patienteninitiativen Deutsche Gesellschaft für ME/CFS und #MillionsMissing Deutschland waren an der Organisation des Fachgesprächs beteiligt.

Die Situation der ME/CFS-Erkrankten in Deutschland ist kritisch. Junge Menschen erkranken aus voller Gesundheit heraus so schwer, dass über sechzig Prozent dauerhaft arbeitsunfähig und viele zu Pflegefällen werden. Studien zufolge gehört ME/CFS zu den Krankheiten mit der niedrigsten Lebensqualität überhaupt. ME/CFS ist so häufig verbreitet wie Multiple Sklerose und seit einem halben Jahrhundert von der Weltgesundheitsorganisation anerkannt. Dennoch gibt es keine zugelassene Behandlung, keine offizielle Forschungsförderung, keine eigene medizinische Leitlinie und die Erkrankung ist nicht Inhalt der ärztlichen Ausbildung.

Das Parlamentarische Fachgespräch wurde von Martina Stamm-Fibich gemeinsam mit der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS und #MillionsMissing Deutschland organisiert und brachte zum ersten Mal Akteure aus vielen wichtigen Bereichen an einen Tisch: Bundestagsabgeordnete der Fraktionen SPD, CDU/CSU sowie Bündnis 90/Die Grünen, Vertreter der gemeinsamen Selbstverwaltung im Gesundheitswesen, des Bundesministeriums für Gesundheit sowie der Deutschen Rentenversicherung Bund, Wissenschaftler und Vertreter der Patientenorganisationen Deutsche Gesellschaft für ME/CFS, #MillionsMissing Deutschland, Fatigatio e.V. und Lost Voices Stiftung. Ziel ist, die desaströse Versorgungslage für Betroffene zu verbessern.

Die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS und #MillionsMissing Deutschland formulierten als dringende Handlungsfelder:

  1. AnerkennungdesProblems:250.000Erkrankteerhaltenkeineadäquate medizinische und soziale Versorgung gemäß der WHO-Klassifikation G93.3.
  2. MedizinischeVersorgungschaffen:HierzuzählenAmbulanzenanjeder Universitätsklinik, Krankenhausbetten für Schwersterkrankte, Aufklärung des medizinischen Fachpersonals, Leitlinien, Streichung kontraindizierter Aktivierungstherapien und eine Grundversorgung in Arztpraxen.
  3. Sozialkonzept entwickeln: Das Konzept muss die Kranken-, Arbeitslosen- und Rentenversicherung einbinden, damit Erkrankte von den Sicherungsmechanismen der Gesellschaft aufgefangen werden.
  4. Forschungsmittel bereitstellen: Grundlagenforschung und klinische Studien sind nötig, um Biomarker und Therapien entwickeln zu können.

Die Keynote Speaker Prof. Carmen Scheibenbogen, Leiterin der Immundefekt- Ambulanz der Charité Berlin, Prof. Uta Behrends, Professorin für Pädiatrische Infektiologie und Immunbiologie an der Kinderklinik Schwabing der Technischen Universität München, und Sebastian Musch, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS, klärten über die Schwere der Erkrankung, die gesundheitspolitische Tragweite und den dringenden Handlungsbedarf auf.

Dazu erklären die Organisatoren des Gespräches:

Martina Stamm-Fibich, MdB: „Die Vorträge von Prof. Scheibenbogen, Prof. Behrends und von Herrn Musch haben uns erneut eindringlich vor Augen geführt, dass im Bereich der Versorgung von ME/CFS-Patientinnen und Patienten dringender Handlungsbedarf besteht. 

Die heutige Veranstaltung ist ein erster Schritt zu mehr Aufmerksamkeit. Die rege Beteiligung aller Teilnehmer lässt mich darauf hoffen, dass wir in Zukunft über ME/CFS nicht mehr als die „vergessene“ Krankheit sprechen müssen.

Wir müssen den Stein nun ins Rollen bringen. Ich hoffe diesbezüglich sehr, dass das von Frau Prof. Scheibenbogen angestoßene Projekt zur Versorgungsforschung im Rahmen des Innovationsfonds beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) die notwendige Projektförderung erhält.

Darüber hinaus werden wir in den nächsten Wochen in weiteren Gesprächen versuchen, das Bundesministerium für Bildung und Forschung für das Thema zu sensibilisieren.

Ich möchte an dieser Stelle auch meine Dankbarkeit für das Engagement der beteiligten Ärzte und Patientenorganisationen ausdrücken: Ihr Engagement für die gute Sache verdient größten Respekt.“ 

Sebastian Musch, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS: „Wir freuen uns sehr, dass zum ersten Mal ein parteiübergreifendes Fachgespräch zum Thema ME/CFS im Bundestag stattgefunden hat. Ebenso freuen wir uns über die rege Beteiligung von Abgeordneten der SPD, der Grünen und der Union sowie der Vertreter der Ministerien und Kranken- und Rentenkassen.

Die Situation der Patienten ist dramatisch, es mangelt an allem. ME/CFS ist trotz 250.000 Erkrankter in Deutschland in der Medizin und Öffentlichkeit so gut wie unbekannt. Die Betroffenen finden keine Hilfe und werden nicht versorgt, die Krankheit oft nicht ernst genommen oder falsch behandelt.

Es ist dringend nötig, die Versorgungsstrukturen massiv auszubauen, Fachpersonal über die Krankheit aufzuklären sowie angemessene Forschungsgelder bereit zu stellen, um Biomarker und Therapien zu entwickeln.

Mit dem Fachgespräch ist ein weiterer großer Schritt getan. Wir danken hier vor allem Martina Stamm-Fibich für ihren Einsatz. Jetzt heißt es, eine Kommission mit Experten und gleichwertiger Patientenbeteiligung einzusetzen, um weitere notwendige Schritte zu planen.“

#MillionsMissing Deutschland: „Heute nehmen wir stellvertretend für alle ME/CFS Erkrankten teil, die das Geschehen größtenteils von ihren Betten aus in den sozialen Medien verfolgen und für die das heutige Fachgespräch mit großer Hoffnung verbunden ist.

Die Erkrankten brauchen dringend Fürsprecher aus Politik, Medizin, der Selbstverwaltung, der Öffentlichkeit und dürfen zukünftig nicht mehr unbemerkt durch das Versorgungsnetz fallen.

Die Politik ist jetzt in der Verantwortung, Anreize für die dringend benötigte Forschung zu schaffen. Wir hoffen, dass die heutige Veranstaltung zur Sensibilisierung und Aufklärung beigetragen hat. Unser Dank gilt all jenen, die der Einladung zum Fachgespräch nachgekommen sind“.

Martina Stamm-Fibich

Martina Stamm-Fibich ist seit 2013 Mitglied des Deutschen Bundestages und für die SPD-Fraktion stellvertretende Vorsitzende des Petitionsausschusses und Mitglied im Ausschuss für Gesundheit. Sie vertritt den Wahlkreis 242 (Erlangen) in Berlin.

 

Dt. Gesellschaft für ME/CFS und #MillionsMissing Deutschland

Die Deutsche Gesellschaft für ME/CFS setzt sich für die Rechte und Bedürfnisse von ME/CFS-Kranken ein und klärt wissenschaftlich auf. Das Netzwerk #MillionsMissing Deutschland organisiert jährliche Protestaktionen und engagiert sich politisch für eine gleichwertige Versorgung ME/CFS-Erkrankter.

Auf dem Gruppenfoto zu sehen sind (v. l. n. r.):

Prof. Carmen Scheibenbogen (Charité), Valentina Seidel (Lost Voices Stiftung), Birgit Gustke (Fatigatio), Markus Wortmann (Lost Voices Stiftung), Martina Stamm-Fibich, MdB (SPD), Nicole Krüger (Lost Voices Stiftung), Sebastian Musch (Deutsche Gesellschaft für ME/CFS), Dorothée Hagenstein, Claudia Schreiner (beide #MillionsMissing Deutschland) und Prof. Uta Behrends (TU München).

MMD-Logo

Gemeinsame Pressemitteilung auch hier abrufbar. 

Stellungnahme von Frau Stamm-Fibich, MdB (SPD) hier abrufbar. 

Stellungnahmen der Deutschen Gesellschaft für ME/CFS hier abrufbar. 

Medienbeiträge über das Fachgespräch